Schalensteine und Megalithkultur
im Kanton Solothurn
Benjamin Fässler, 2020
Sachbuch
Das Hauptthema und damit die Hauptkapitel sind die Schalensteine und die Megalithkultur im Kanton Solothurn. Da diese Themen wohl für einige Menschen etwas fremd sind, wird jeweils vor jedes Hauptkapitel ein Kapitel vorgeschaltet, in dem allgemeine Bemerkungen und die Hintergründe von Schalensteinen und Megalithkultur mit Beispielen aus anderen Teilen der Schweiz und dem übrigen Europa zur Sprache kommen.
Broschüre, DIN A4, 80 Seiten, 237 Abbildungen, 3 Tabellen
ISBN 978-3-9524957-3-5
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Inhaltsübersicht
Solothurn: Schalensteine und Megalithkultur
Solothurn ist reich an Findlingen aus Granit und Gneis, die während der Eiszeiten vom Rhonegletscher aus den Walliser Alpen in die Region transportiert wurden. In den Wäldern von Rüttenen, Feldbrunnen und Riedholz gibt es über 600 dieser Findlinge. In der Aare-Ebene sind sie selten, da sie oft als Baumaterial verwendet wurden.
Im 19. Jahrhundert wurden viele Findlinge zum Bau von Häusern, Straßen und Eisenbahnstrecken genutzt. Mit der Eiszeittheorie wuchs das Interesse an diesen Steinen, und ab 1866 wurden bemerkenswerte Findlinge unter Schutz gestellt. Heute sind Findlinge in verschiedenen Kantonen, einschließlich Solothurn, staatlich geschützt.
Einige dieser Steine weisen menschliche Bearbeitungsspuren auf und werden als Schalensteine bezeichnet. Diese Steine haben runde, ovale oder schalenartige Vertiefungen, die von Menschenhand eingearbeitet wurden. Schalensteine haben sowohl naturhistorische als auch kulturhistorische Bedeutung.
In der Schweiz sind über tausend Schalensteine registriert, weltweit gibt es Zehntausende. Ihre genaue Anzahl könnte sogar hunderttausend betragen, wenn man die verschwundenen oder noch nicht erkannten Steine einbezieht.
1939 erstellte Stefan Pinösch das erste Verzeichnis der Schalensteine im Kanton Solothurn. Diese Steine wurden noch im selben Jahr unter staatlichen Schutz gestellt. Von den ursprünglich 16 aufgelisteten Schalensteinen sind heute zwei nicht mehr auffindbar oder keine echten Schalensteine.
1992 veröffentlichte Urs Schwegler ein Verzeichnis aller Schalen- und Zeichensteine der Schweiz, einschließlich derjenigen im Kanton Solothurn. Einige Steine wurden jedoch nicht gefunden, möglicherweise wegen falscher Koordinaten oder weil sie entfernt wurden. In den letzten Jahren wurden 17 neue Schalensteine entdeckt, darunter auch solche mit nur Rinnen statt typischen Schalen.
Die Schalensteine im Kanton Solothurn sind hauptsächlich in zwei Gebieten konzentriert: Hessigkofen-Biezwil und Rüttenen-Feldbrunnen St. Niklaus. Eine Tabelle listet alle 37 bekannten und noch auffindbaren Schalensteine im Kanton auf, mit Standort, Koordinaten und kurzen Beschreibungen.
Die Nummerierung der Schalensteine ist chaotisch, da sie dem Verlauf der Untersuchungen folgte. Besucher sollten beachten, dass die GPS-Koordinaten ungenau sein können und die Steine oft mit Moos überwachsen sind, was die Identifikation erschwert.
Einige der eindrucksvolleren Schalensteine werden näher beschrieben. Alle Schalensteine sind Findlinge, die schon unseren Vorfahren als Besonderheiten aufgefallen sind. Ihre Bedeutung ist umstritten: Einige denken, sie seien aus Langeweile entstanden, andere sehen sie als Wegweiser, Landkarten oder Mörser. Es gibt auch Theorien, dass sie astronomische Ausrichtungen oder Sternbilder darstellen. Einige Forscher glauben, dass sie eine religiöse oder kultische Bedeutung hatten und als Opferschalen genutzt wurden. Es ist möglich, dass ein einzelner Stein mehrere Bedeutungen hatte. Schalensteine sollten im Kontext der Megalithkultur betrachtet werden, und Interpretationen über ihre Bedeutung sind oft spekulativ.
Grenchen 1
Der eindrucksvollste Schalenstein im Kanton Solothurn ist der “Heidenstein” in Grenchen. Er liegt am Rand eines Waldstreifens südwestlich der Stadt Grenchen. Auf diesem erratischen Block befinden sich 67 Schalen, von denen 30 unter der Erde liegen. Es gibt auch einige Rinnen auf dem Stein.
Auffällig ist, dass viele Schalen in einer geraden Linie angeordnet sind, die auf den Sonnenuntergangspunkt bei der Wintersonnenwende zielt. Dies deutet darauf hin, dass der Stein möglicherweise für astronomische Zwecke genutzt wurde. Der Archäologe Stefan Mäder erkennt in einer Gruppe von Schalen am linken Rand des Steins die Sternbilder Großer Wagen und Orion.
Weitere Steine in Lüterswil, Nennigkofen, Oensingen, Rüttenen, Selzach.
“Megalith” bedeutet “großer Stein”. Megalithanlagen sind weltweit zu finden, besonders in Westeuropa. Diese Kultur begann im frühen 5. Jahrtausend v. Chr. und erreichte ihre Blütezeit im 3. Jahrtausend v. Chr. Sie umfasst Bauwerke aus großen Steinen, wie Cairns und Dolmen.
Cairns sind monumentale Grabbauten, wie der Cairn von Newgrange in Irland. Dolmen sind kleinere Grabbauten aus großen Steinen, die in der Schweiz gefunden wurden, wie der Dolmen bei Onnens im Kanton Waadt und der Dolmen in Oberbipp im Kanton Bern.
Menhire sind aufrecht stehende, meist bearbeitete Steine. Sie können einzeln oder in Gruppen stehen und manchmal Schalen oder eingravierte menschliche Züge aufweisen. Ein Beispiel ist der Menhir von Corcelles im Kanton Waadt.
Weltweit gibt es viele Orte mit Menhiren, die in Reihen oder Kreisen angeordnet sind. Die bekanntesten Steinreihen befinden sich in Carnac, Bretagne. In der Schweiz gibt es ebenfalls beeindruckende Alignements, wie in Yverdon-Clendy im Kanton Waadt mit 45 Menhiren und in Lutry, wo 23 Menhire in zwei Segmenten angeordnet sind. In Falera, Kanton Graubünden, gibt es Steinreihen mit astronomischen Ausrichtungen.
Steinkreise, auch Cromlechs genannt, sind oft nicht perfekt rund. Das berühmteste Beispiel ist Stonehenge in England. In Deutschland gibt es auch Kreisanlagen aus Holz, wie die von Goseck, die um 5000 v. Chr. errichtet wurde.
Einer der schönsten Steinkreise in der Schweiz befindet sich auf dem Bislikerhau bei Affoltern am Albis im Kanton Zürich. Er besteht aus 9 Menhiren und hat die Form eines Korbbogens. Im Knonauer Amt gibt es noch weitere Steinkreise und Steinreihen. Es ist unklar, ob die Steine alle gleichzeitig gesetzt wurden.
Neben Menhiren gibt es auch Schalensteine und Zeichensteine. Die schönsten Zeichensteine befinden sich in Carschenna im Kanton Graubünden. Diese Steine zeigen Gravuren wie konzentrische Kreise, Kreuze, Wellenlinien und stilisierte Tiere oder Menschen. Solche geometrischen Zeichen sind schon aus der Altsteinzeit bekannt.
Schalensteine sind ebenfalls Teil der Megalithkultur. Beispiele sind Schalen auf Menhiren wie in Corcelles und auf Deckplatten von Dolmen wie in Onnens und Oberbipp.
Die Megalithkultur war für die damaligen Menschen sehr wichtig. Ihr Denken, das als “archaisches Denken” bezeichnet wird, war konkret und auf Sinneswahrnehmungen gerichtet, was zu einer genauen Beobachtungsgabe führte. Unsere Vorfahren hatten erstaunliches astronomisches Wissen und kannten geometrische Formen wie den Kreis und den rechten Winkel.
Die Archäoastronomie erforscht dieses Wissen. In Deutschland gibt es die “Gesellschaft für Archäoastronomie” und in der Schweiz eine Gruppe von “Megalithikern”, die viele megalithische Objekte untersucht haben.
Megalithanlagen sind oft auf spezielle Himmelsrichtungen und Sonnen- sowie Mondwenden ausgerichtet. Ein Beispiel ist die Prozessionsstraße von Stonehenge, die auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende ausgerichtet ist. Unsere Vorfahren nutzten Methoden wie den “indischen Kreis”, um genaue Haupthimmelsrichtungen zu bestimmen.
Die Sonnenaufgänge und -untergänge bewegen sich im Laufe eines Jahres zwischen den Punkten der Sommer- und Wintersonnenwende und beschreiben dabei einen konstanten Winkel von etwa 73°. Die Himmelsscheibe von Nebra zeigt ähnliche astronomische Beobachtungen.
Ein bekanntes Beispiel für eine auf die Sonnenwende ausgerichtete Megalithanlage ist Stonehenge. Auch in der Schweiz gibt es solche Peilungen, wie beim Steinkreis im Bislikerhau. Die Mondaufgänge und -untergänge beschreiben ebenfalls Pendelwinkel, die sich jedoch monatlich ändern. Der größte Pendelwinkel des Mondes, die Große Mondwende, tritt alle 18,6 Jahre auf.
Diese astronomischen Ereignisse werden oft übersehen, obwohl sie alltäglich sind. Viele Megalithanlagen, wie die Steinreihen von Yverdon-Clendy in der Schweiz, sind auf diese Mondwenden ausgerichtet. Stonehenge ist ein Beispiel, wo die Ausrichtung der Steine auf den Sonnenaufgang bei der Sommersonnenwende und den Sonnenuntergang bei der Wintersonnenwende hinweist.
Der Autor vermutet, dass Stonehenge als Versuch diente, die Mond- und Sonnenextreme zu vereinen, was auf einen frühen lunar-solaren Kalender hinweisen könnte. Historische Hinweise deuten darauf hin, dass der Mondkalender älter ist als der Sonnenkalender und bei vielen frühen Kulturen eine größere Bedeutung hatte. Nomadische Jäger-Sammler-Gesellschaften nutzten oft nur den Mondkalender. Mit der zunehmenden Bedeutung der Landwirtschaft in der Jungsteinzeit gewann der Sonnenkalender an Bedeutung, und beide Kalender wurden eine Zeit lang nebeneinander verwendet.
In späteren Hochkulturen versuchte man, das Sonnenjahr mit 365 Tagen und das Mondjahr mit 12 Monaten zu verbinden. Im Christentum setzte sich das Sonnenjahr durch, während im Islam bis heute ein reiner Mondkalender gilt.
Der Text untersucht den Zweck der Megalithanlagen und kommt zu dem Schluss, dass sie eher religiöse und kultische Bedeutung hatten als landwirtschaftliche Observatorien. Die astronomischen Ausrichtungen, wie Sonnen- und Mondwenden, hatten keinen praktischen Nutzen für die Landwirtschaft.
Die Religion der Steinzeitmenschen war wahrscheinlich eine Naturreligion ohne Götter, die das Leben und die Natur feierte. Symbole wie Sonne und Mond repräsentierten den Kreislauf des Lebens. Besonders der Mond, als Symbol für Leben, Tod und Wiedergeburt, war eng mit der Frau und Mutter als Lebensspenderin verbunden.
Megalithanlagen dienten sowohl als Observatorien als auch als Heiligtümer, um regelmäßige Feiern des Lebens und dessen Kreislauf zu ermöglichen. Diese Anlagen hatten auch eine religiöse Bedeutung, da viele alltägliche Handlungen, wie Aussaat und Ernte, in einen religiösen Kontext eingebunden waren.
In der Jungsteinzeit entwickelte sich die Vorstellung der Erde als Mutter allen Lebens zur Idee der Großen Göttin, die Leben gibt und nimmt. Tempel auf Malta, deren Grundrisse weibliche Körper darstellen, zeigen die Bedeutung der Frau als Lebensspenderin. Einige Steine galten als heilig, da sie als Orte betrachtet wurden, an denen die Seelen der Verstorbenen und Neugeborenen ein- und ausgingen.
Schalensteine symbolisierten den Ursprung des Lebens und den ewigen Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt. Diese Rituale mussten regelmäßig wiederholt werden, um ihre Wirkung zu erneuern.
In der Jungsteinzeit und Bronzezeit entwickelten die Menschen neue Gottheiten, oft in Verbindung mit Himmelserscheinungen wie Sonne und Mond. Ein Beispiel ist der römische Sonnengott Sol Invictus, der zusammen mit der Mondgöttin Luna verehrt wurde.
Sonnenwenden spielten eine wichtige Rolle in religiösen Ritualen, besonders die Wintersonnenwende, die das Wiedererstarken der Sonne und das Erwachen der Natur feierte. Viele antike Götter, darunter Sol Invictus, wurden um den 25. Dezember geboren. Später wurde auch die Geburt Jesu auf dieses Datum gelegt, um das „neugeborene Licht“ zu symbolisieren.
Noch heute sind Bräuche zur Wintersonnenwende und zu Ostern mit astronomischen Ereignissen verknüpft. Ostern wird beispielsweise nach dem ersten Vollmond nach der Frühlings-Tag-Nacht-Gleiche gefeiert.
Der Text beschreibt die Megalithanlagen im Kanton Solothurn, die zwar kleiner sind als bekannte Anlagen wie Stonehenge, aber dennoch beeindruckend. In den Wäldern von Feldbrunnen-St. Niklaus und Rüttenen gibt es viele dieser Steinsetzungen, was zur Idee des “Solothurner Megalithwegs” führte, der vom Steinmuseum Solothurn umgesetzt wurde. Es gibt Hinweise darauf, dass einige dieser Steine astronomische Ausrichtungen haben könnten, obwohl dies nicht immer absichtlich so gemacht wurde. Kritiker argumentieren, dass Archäoastronomen oft nur die Steine auswählen, die in ihr Konzept passen. Der Text betont, dass viele Annahmen getroffen werden müssen und lädt die Leser ein, die Anlagen selbst zu überprüfen. Es wird auch erklärt, dass Abweichungen in den Ausrichtungen der Steine verschiedene Gründe haben können, wie das Verrutschen der Steine über die Zeit oder Unterschiede zwischen historischen und heutigen Extremwerten der Sonnen- und Mondstände.
Der Autor «warnt» Interessierte, dass Schalensteine und Steinsetzungen heute oft schwer zu erkennen sind, da sie von Moos und Pflanzen überwachsen sind. Auch Steinreihen und -kreise sind wegen des Pflanzenwuchses in den Wäldern oft schwer zu finden. Alle diese Steine sind Findlinge, denen unsere Vorfahren eine besondere Bedeutung zugemessen haben.
Broschüre, DIN A4, 80 Seiten, 237 Abbildungen, 3 Tabellen
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